Lars ist als Kriminaloberkommissar Cyber-Betrügern auf der Spur. Das ist keine leichte Aufgabe – denn immer wieder sind neue Ansätze gefragt, wie er in unserem kurzen Interview berichtet.
Aktuelles
Cybercrime-Ermittler in der Polizeidirektion Görlitz: Kein Fall nach Schema F
Lars ist einer von zehn Ermittlerinnen und Ermittlern im Bereich Cybercrime in der Polizeidirektion Görlitz. Seit sechs Jahren ist der Kriminaloberkommissar im Internet Kriminellen auf der Spur. Aber nicht nur der Computer gehört zu seinem täglichen Handwerkszeug. Auch die regelmäßige Abstimmung mit internationalen Partnern und der Mut, in der Ermittlungsarbeit eigene Wege zu gehen, bestimmen seine Tätigkeit.
Lars, in welchen Fällen ermittelst du?
»Unser Aufgabenfeld ist sehr komplex und vielfältig. Jeden Tag warten neue Herausforderungen im Bereich Cyberkriminalität auf uns. Im Moment habe ich Akten zu Fake-Shops, also gefälschten Internet-Plattformen, zum Betrug beim Online-Banking und auch Cybertrading auf dem Tisch.
Ich führe aber auch Ermittlungen, wenn es um Computersabotage oder den sogenannten CEO-Fraud, also Geschäftsführer-Betrug, geht. Außerdem unterstützen wir auch andere Dezernate, die Zuarbeiten von uns benötigen, zum Beispiel Auskünfte über IP-Adressen oder zu speziellen Websites.«
Gibt es Besonderheiten, die die Arbeit im Bereich Cyberkriminalität ausmachen?
»Ja, die gibt es. Wir haben es mit sehr schnell wechselnden Phänomenen zu tun. Was heute noch gilt, kann morgen schon veraltet sein. Wir müssen also ständig neue Ermittlungsstrategien und -ansätze finden und in unserer Herangehensweise immer sehr flexibel bleiben. Einen Fall nach Schema F zu bearbeiten, funktioniert bei uns nicht. Das ist aber genau das, was die Arbeit auch so spannend und abwechslungsreich macht.«
Was sind typische Betrugsmaschen, mit denen du dich beschäftigst?
»Ganz typisch in unserem Bereich sind die sogenannten Fake-Shops oder auch Betrugsversuche auf Kleinanzeigen-Portalen. Aber auch Angriffe auf Konten, beispielsweise beim Online-Banking, sind nicht selten. Die Täter nutzen zum Beispiel SIM-Karten-Klone und greifen mobile TANs der Opfer ab. Damit ergaunern sie teilweise recht hohe Summen. Eine andere Masche ist, dass die Täter über eine vermeintlich harmlose SMS Trojaner auf Handys der Geschädigten installieren und so den vollen Zugriff auf alle Accounts erlangen. Aber nicht nur Privatpersonen, sondern auch Wirtschaftsunternehmen werden häufig Opfer von Betrügern. Die Täter geben sich am Telefon als Sicherheitsabteilung von Banken und Sparkassen aus und rufen die Kontoinhaber zu Hause an, die zuvor bereits auf eine Phishing-Mail hereingefallen sind. Meist tun sie das Freitag- oder Samstagabend – und damit außerhalb regulärer Bankarbeitszeiten – und ergaunern so die benötigten TANs.«
Was tust du, wenn die Anzeige nach einem Betrug eingeht?
»Die Anzeige geht natürlich erst einmal im Polizeirevier ein. Dann kommt die Akte zu mir und in aller Regel nehme ich zunächst Kontakt zum Geschädigten auf und sichte das Ausgangsmaterial. Danach beginnt die eigentliche Ermittlungsarbeit, die eng an die Abstimmung unter anderem mit Banken, Providern, Webhostern, aber auch der Staatsanwaltschaft und europäischen Partnern gekoppelt ist. Die Ermittlungsarbeit kann ganz unterschiedlich lange dauern, je nachdem, wie komplex der Fall ist.
Als Cybercrimer verlieren wir uns aber nicht in der virtuellen Welt, wie viele denken mögen. Wir machen auch ganz klassische Ermittlungsarbeit. Wir überprüfen zum Beispiel, ob die Person real existiert und führen Durchsuchungen durch, falls notwendig. Ein Klischee unseres Berufsbildes ist es oft, dass wir Websites hacken oder komplizierte Formeln programmieren. Das machen wir aber nicht.«
Wie kompliziert ist die Ermittlungsarbeit eigentlich?
»Ich würde sagen, nicht kompliziert, aber komplex. Grundsätzlich wichtig sind ein solides technisches Verständnis und ein guter Sachverstand. Wir müssen uns tief in Vorgänge hineindenken können und mit ständig Neuem gut zurechtkommen. Dabei ist es auch wichtig, mal um die Ecke zu denken.
Hinzu kommt noch: Cybercrime ist ein weltweites Phänomen. Die Täter agieren grenzenlos. Für uns bedeutet das im Vergleich zu anderen ›klassischen‹ Kriminalitätsfeldern vor allem eine Vielzahl an Kontakten zu internationalen Institutionen, aber auch anderen Rechtssystemen und Abkommen, die es in der Ermittlungsarbeit zu beachten gilt.«
Was gehört ausserdem noch in deinen Alltag als Cybercrime-Spezialist?
»Wir haben zum Beispiel regelmäßig Arbeitstagungen, die vom BKA organisiert werden und führen in Unternehmen Schulungen durch, die einen präventiven Ansatz verfolgen. Auch sind wir an Durchsuchungen bei Tatverdächtigen beteiligt. Ganz wichtig ist auch: Unser Alltag besteht aus viel Sport. (lacht) Dadurch, dass wir natürlich in erster Linie am Schreibtisch arbeiten, ist das für mich und meine Kolleginnen und Kollegen ein super Ausgleich, der den Kopf frei macht und das Team stärkt.«
Was sollten potentielle Kolleginnen und Kollegen denn aus deiner Sicht mitbringen?
»Wir haben es immerfort mit neuen Phänomen zu tun. Neue Kolleginnen und Kollegen sollten daher gedankliche Flexibilität, Offenheit und eine gute Portion Neugierde mitbringen. Auch eine gewisse Beharrlichkeit ist wichtig.
Da wir oft Ermittlungsstrategien entwickeln müssen, freuen wir uns über Kolleginnen und Kollegen, die den Mut haben, neue Wege zu gehen und abseits vorgegebener Strukturen denken. Das liefert uns häufig die besten Ergebnisse.
Und dadurch, dass wir Ermittlungen international führen, ist es wichtig, auch über den sogenannten Tellerrand blicken zu können. Idealerweise bringen neue Kolleginnen und Kollegen daher auch gute Englischkenntnisse mit.«
Neue Herausforderung gesucht? Ab zur Polizei!
Wir suchen regelmäßig IT-Profis, die sich und ihr Know-how einbringen, um Cybercrime zu bekämpfen. Der einjährige Cybercrime-Vorbereitungsdienst ermöglicht den Einstieg als Kriminalkommissar (m/w/d) für Computer- und Internetkriminalität. Bei der Polizei Sachsen erwarten dich spannende Aufgaben – und sichere Perspektiven in unserem starken Team! Alle Infos findest du hier.