Was haben Kaffeeautomaten, E-Bikes und Smartphones gemeinsam? Sie werden häufig in Fake-Shops gehandelt. Vermeintliche Versandanbieter locken mit gut platzierten Anzeigen und Rabatten. Wie man die Täter überführt, weiß Cyber-Ermittler Jochen.
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»Wie bei einem Marathon«: Cyber-Kommissar Jochen über den Kampf gegen Fake-Shop-Betrüger
Seit über zehn Jahren klärt Kriminalhauptkommissar Jochen* Verbrechen, die an virtuellen Tatorten begangen werden. Die Ermittlungsverfahren beginnen in der Regel mit einer Anzeige von Bürgerinnen und Bürgern – doch was folgt danach?
Zunächst wird geprüft, ob weitere Anzeigen zum gleichen Sachverhalt vorliegen. Fake-Shop-Opfer gehen oft leer aus oder erhalten Imitate zu überhöhten Preisen. Häufig gibt es mehrere Geschädigte – »das können mal zehn, mal 50, mal 100, aber auch mal 500 sein«, sagt Jochen. »Immerhin hat der Fake-Shop weltweit 24/7 geöffnet.«
Die meisten dieser betrügerischen Shops halten sich etwa zwei Wochen – dann werden oft die ersten Anzeigen aufgegeben: »In dieser Zeit wandern zwischen 20.000 und 40.000 Euro über den virtuellen Ladentisch – je nach Produkt«, weiß der Cyber-Kommissar. Besonders beliebt seien Kaffeemaschinen, E-Bikes, Schmuck, Handtaschen, Heimtechnik, aber auch Gartenmaschinen.
Die Suche nach den Tätern
Wie wurde der Fake-Shop erstellt? Wo ist die Domain gehostet? Wer verbirgt sich wirklich hinter dem E-Mail-Header? Wo steht der Server?
Unsere IT-Profis im Cybercrime Competence Center Sachsen (SNC4) kennen allerhand Werkzeuge, um im Internet zu ermitteln: Dazu gehören beispielsweise »Open Source Intelligence«-Methoden, Netzwerkermittlungen und das Auswerten von Datenbanken. Mit deren Hilfe können unsere Kolleginnen und Kollegen beispielsweise Server »lokalisieren«. Es folgt eine Anfrage an den Provider – der möglicherweise Informationen in Form von Textdateien, Datenbanken, HTMLs, Websites, Logfiles oder IP-Adressen bereitstellt.
Nur die Spitze des Eisbergs
Auf diese Weise seien sie mal einem Täter auf die Spur gekommen, der über das Konto einer Online-Verkaufsplattform gefälschte Schmuckstücke als Originale anbot, erinnert sich Jochen. Er und sein Team ermittelten den Provider, der wiederum händigte die gespeicherten Daten auf Nachfrage aus. Darin fanden sich Hinweise, die sie schlussendlich zur Adresse des Tatverdächtigen führten.
Das ganze Ausmaß offenbarte sich im Rahmen der Durchsuchung: Die Ermittler entdeckten zusätzliche Verkaufskonten, einige weitere auf einem Kleinanzeigenportal. »So läuft es oft«, berichtet Jochen. Sein Team beschlagnahmt Asservate wie Mobiltelefone oder PC-Technik – und mit ihnen verschiedene Daten. So lässt sich der Tathergang rekonstruieren, aber auch Spuren zu Mittätern oder weiteren Strafhandlungen finden.
»Es kann keiner alles wissen«
Manche Tatverdächtigen geben ihre Passwörter kooperativ preis, bei anderen müssen Handy-Pin, Benutzeranmeldung und Co. zunächst entschlüsselt werden. Darum kümmern sich Expertinnen und Experten aus der IT-Forensik. »Das Anwendungsfeld eines Cybercops ist so umfangreich: Es kann keiner alles wissen«, betont der Kriminalhauptkommissar. Daher ist Teamwork wichtig. Es gibt viele Spezialistinnen und Spezialisten beispielsweise für Handys, Betriebssysteme, Datenbanken, Netzwerkermittlungen, Verschlüsselungen und Krypto-Währungen.
Cyber-Kommissarinnen und -Kommissare müssten hartnäckig bleiben – das gelte für den Bereich der Ermittlungen und für die IT-Forensik. »Wie bei einem Marathon«, schildert Jochen. Der Ehrgeiz, den Täter zu stellen, müsse einen stetig vorantreiben. Und dann bräuchte man noch den anhaltenden Willen, sich weiter zu entwickeln – denn es warten immer neue »Modi Operandi«.
Jochen: »Das ist learning by doing, und es ist auch nicht so, dass es ein Schema F gibt.«
*Um ermitteln zu können, müssen einige Kriminalistinnen oder Kriminalisten unerkannt bleiben. Deshalb haben wir den Namen unseres Kollegen geändert. Das Fallbeispiel ist verallgemeinert dargestellt.
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