Bis zu zwei Jahre dauert die Ausbildung eines Polizeipferdes in Sachsen. Den Weg eines solchen tierischen Kollegen vom Fohlen in den Polizeidienst und zu echten Einsätzen zeigt diese Serie. Teil 1: Wie Neuzugang Peppino den „Auswahltest“ schaffte.
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Peppino wird Polizeipferd - Die ersten Tage bei der sächsischen Polizei
Damit die sächsische Polizeireiterstaffel vielfältige Einsätze meistern kann, sind nicht nur die Reiterinnen und Reiter entscheidend – sondern auch die tierischen Kollegen. Diese müssen sich sowohl in unwegsamem Gelände als auch im dichten Straßenverkehr ruhig und gelassen bewegen. Auch, wenn beispielsweise lautstarke Fußballfans oder Musikkapellen in der Nähe sind. Da Pferde von Natur aus Fluchttiere sind, werden sie in der Ausbildung nach und nach an solche Situationen gewöhnt. Nicht jedes Pferd ist geeignet – schon die Auswahl ist deshalb ein langer Prozess. In unserer Artikelserie begleiten wir das neue Pferd im Stall der Polizei Sachsen: Peppino.
Es ist Ende März, als Peppino langsam aus dem Pferdeanhänger kommt. Der braune Wallach beobachtet seine Umgebung und die unbekannten Menschen ganz genau. In diesem Moment beginnt für ihn die Probezeit bei der sächsischen Polizei. Wenn er sich in den kommenden Wochen gut macht, wird er zum Polizeipferd ausgebildet.
Vom „Hengst-Kindergarten“ in die Ausbildung
Der Neuzugang im Polizeistall in Großerkmannsdorf ist kein gebürtiger Sachse. Peppino wurde im April 2017 im thüringischen Grabe geboren. Die ersten sechs Monate blieb das Fohlen bei seiner Mama. Von Thüringen führte seine Reise dann nach Sachsen auf das Gestüt Graditz – in den „Hengst-Kindergarten“.
Rund drei Jahre war Peppino dort, die meiste Zeit draußen auf Koppeln und Weiden, nebenbei lernte er auch weiter den Umgang mit Menschen. Beim Huftraining wurde das junge Pferd auf den Besuch des Hufschmieds vorbereitet – denn der kommt später regelmäßig. Alle sechs bis acht Wochen müssen die Hufe neu beschlagen werden. Erst mit dem Umzug zur Polizeireiterstaffel hat Peppino seine ersten Hufeisen bekommen.
Außerdem werden Jungpferde nach und nach an das Anbinden, Zaumzeug, das Führen an der Longe und den Sattel gewöhnt. Erst ab einem Alter von etwa drei Jahren können und sollten Pferde angeritten werden. Bis dahin ist sichergestellt, dass sich Knochen und Muskeln richtig ausgebildet haben. Übrigens haben Pferde die Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp praktisch im Blut. Daher erkennt man schon bei jungen Pferden, wo Stärken und Schwächen liegen.
Als Peppino nach der Gewöhnungsphase im Frühjahr 2020 alt genug war, konnten die Reiterinnen und Reiter in Graditz mit dem Reittraining im Sattel beginnen.
Plötzlich ein Gewicht auf dem Rücken zu tragen – daran werden die Tiere nach und nach herangeführt. Aber auch der Umgang mit der Zügelhilfe oder dem Einsatz der Unterschenkel vom Menschen zum Navigieren will gelernt sein. Reiterinnen und Reiter trainieren die unerfahrenen Pferde oft mit erfahrenen Artgenossen. So lernen die jungen Pferde wie Peppino von den Älteren.
Mindestens sechs Monate dauert die „Hengstschule“. Dabei wird beispielsweise im Gelände das Springen über Hindernisse wie Wasser oder Baumstämme geübt. Hier zeigt sich schnell, was dem Tier mehr liegt. Einige Tiere aus Peppinos Gruppe sind Sport- oder Springpferde geworden.
Kooperation sichert Polizeipferde für Sachsen
Innerhalb der Sächsischen Gestütsverwaltung übernimmt das Hauptgestüt in Graditz die Aufzucht der Junghengste, das Landgestüt Moritzburg wiederum die Leistungsüberprüfung und dann den Verkauf. Als die Reiterstaffel im November 1991 gegründet wurde, hatte die sächsische Polizei noch keinen eigenen Stall. Die ersten Lehrgänge für angehende Polizeireiterinnen und –reiter wurden in Moritzburg durchgeführt. Im Juni 1992 konnte der Reitunterricht dann schon auf dem Gelände in Großerkmannsdorf stattfinden.
Seit 2010 gibt es einen Kooperationsvertrag zwischen der Polizei Sachsen und dem Landgestüt in Moritzburg. Welches Jungpferd für die Polizei geeignet sein könnte, überprüfen zuerst die Kolleginnen und Kollegen des Gestüts.
Wie der erste Hauptsattelmeister Jörg Piehozki vom Moritzburger Gestüt erklärt, kommt es dabei auf mehr als die gute Abstammung an: „Wichtig sind vor allem auch die charakterlichen Eigenschaften, also ist das Tier ruhig und gelassen oder ist es eher schreckhaft, hört es gut?“
Dann geht es mit der medizinischen Untersuchung des Jungpferdes weiter. „Zuerst wird das äußere Erscheinungsbild, also der Körperbau, bewertet“, erzählt Piehozki. Anschließend fertigt ein Tierarzt Röntgenaufnahmen von Gliedmaßen und Gelenken und untersucht noch einmal händisch Rücken, Becken und Augen.
Peppino wurde bei all diesen Untersuchungen als geeignet eingestuft, auch wenn er mit 1,64 Meter Schulterhöhe etwas klein ist. Zusammen mit einem anderen Jungpferd ist er Ende März zur Probe im Stall der Polizei Sachsen eingezogen. Dort wurde geschaut, wie er sich mit den anderen Pferden versteht und ob er sich auch an die Reiterinnen und Reiter gewöhnt. Außerdem gab es eine weitere, umfangreiche tierärztliche Untersuchung. Im Rahmen kleinerer Übungen haben die Kolleginnen und Kollegen auch getestet, ob Peppino den Anforderungen bei der Polizei gewachsen ist.
Noch fehlt der Dienstname
Am 11. Mai stand fest: Peppino wird Polizeipferd. Der Kaufvertrag ist unterzeichnet. Sein Mitstreiter ist zurück nach Moritzburg gezogen, er hat die Anforderungen nicht ganz erfüllt. Für „Peppi“, wie er liebevoll von den Polizeireiterinnen und -reitern genannt wird, geht jetzt ein neuer Lebensabschnitt los. Mit seiner Remontereiterin Steffi Gertenbach stehen während der Grundausbildung verschiedene Einheiten auf dem Plan. Steffi war direkt begeistert von dem Neuzugang: „Er ging da so entspannt lang, dass ich dachte, den würde ich gern ausbilden“, so die Polizeihauptmeisterin. „Er ist ja erst vier Jahre und noch nicht lange unterm Sattel und dann so cool.“ In den kommenden Wochen wird Peppino mit ihr viel im Gelände unterwegs sein. Dabei werden Kraft und Balance trainiert. Das braucht so ein Polizeipferd später im Dienst.
Aktuell sammeln die Kolleginnen und Kollegen der Reiterstaffel Namensvorschläge für ihren Neuzugang. Bei der Polizei Sachsen ist es nämlich Tradition, dass jedes neue Dienstpferd auch seinen eigenen Dienstnamen bekommt.
Das wartet in der Ausbildung
Bis Ende Juni wird er schon mal bei verschiedenen Trainingsstunden an das Polizeiorchester gewöhnt oder mit Steffi das Formationsreiten üben. Je nachdem, wie sich Peppino entwickelt, wird die Ausbildung zwischen sechs und 24 Monaten dauern. In dieser Zeit wird der Wallach zuerst in der klassischen Reitlehre, also Dressur und Springen, ausgebildet. Zeitgleich startet die polizeiliche Gewöhnungsarbeit. Auf dem Stundenplan stehen Übungen, mit denen die Tiere an künftige Einsätze herangeführt werden. Dazu gehören beispielsweise Trainingseinheiten mit flatternden Fahnen, Luftballons, lauter Musik oder klappernden Blechdosen. Außerdem lernt Peppino, dass er auch bei der Abgabe von Schüssen oder bei Hindernissen aus Feuer nicht ausbricht oder flüchtet.
Besonders wichtig: Das Pferd muss lernen, seinem Reiter oder seiner Reiterin zu vertrauen. Immer wieder geht es auch zu Gewöhnungsausritten ins Gelände oder in den Straßenverkehr.
Anders als bei der Ausbildung der Diensthunde bei der Polizei Sachsen, die mehrere Prüfungen in verschiedenen Spezialisierungen ablegen müssen, wird Peppino nur eine Abschlussprüfung haben. Diese wird von Richtern des Landesverbandes für Pferdesport abgenommen und beinhaltet die Ausbildungsinhalte Dressur, Springen und polizeiliche Gewöhnung.
Wie sich Peppino in den kommenden Monaten schlägt und auf welchen Dienstnamen er zukünftig hören wird, liest du in unserem nächsten Artikel über die Ausbildung bei der Reiterstaffel.
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